Gemeinde Stuttgart · Veranstaltungen - Alt-Katholiken-Kongress
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{29. Internationaler Alt-Katholiken Kongress}

»Hoffnung, die in uns lebt. Alt-Katholiken und Anglikaner in Europa«

07.-11. August 2006 in Freiburg i.Br.

Der Ständige Kongressausschuss, der für die inhaltliche Vorbereitung zuständig ist, beschäftigt sich seit einiger Zeit mit einer Bibelstelle aus dem Petrusbrief: "Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt..." (1 Petr. 3,15). Doch welche Hoffnungen und Sehnsüchte sind es, die uns Christen erfüllen? Welche Hoffnung und Visionen haben die alt-katholische und die anglikanische Kirche? Was erfüllt uns eigentlich? Wie sieht diese Hoffnung aus? Wem müssen wir, muss unsere Kirche "Rede und Antwort stehen"? Uns selber? Unseren Mitmenschen? Unseren Kindern? Unseren Gemeinden? Sind wir stark genug, dieses in einer Gesellschaft zu tun, die scheinbar alle anderen Werte vertritt, als die Werte, die wir in unserer Kirche kennen lernen? Hat denn die Gesellschaft mittlerweile einen anderen Wertekodex als unsere Kirche? Oder kommen wir einer Antwort auf diese Frage näher, wenn wir schlicht die Perspektive wechseln und fragen, wie viel unsere Kirche Teil der Gesellschaft ist? Was bedeutet der gesellschaftliche Wandel für unseren Gemeindealltag? Welche Visionen also hält die alt-katholische Kirche bereit und wie ist Hoffnung Teil davon?

Die Bearbeitung dieser Fragestellungen und die Besinnung auf die gemeinsame Sendung, die Alt-Katholiken und Anglikaner in Europa heute haben, findet in Gesprächsgruppen und kreativen Workshops (Theater, Bibliodrama, Hip-Hop, Sakraler Tanz, Zeitung/Film, Musik/Chor, Meditation/Kontemplation und Kunst) statt.

Neben der thematischen Auseinandersetzung in den Arbeitseinheiten wird die Feier der Bonner Vereinbarung, in der die volle Kirchengemeinschaft zwischen den Alt-Katholiken und den Anglikanern vor 75 Jahren begründet wurde, zentraler Punkt des Kongresses sein. Eine besondere Freude wird es sein, zu diesem Anlass den Erzbischof von Canterbury, Dr. Rowan Williams (Oberhaupt der anglikanischen Kirche), und den alt-katholischen Erzbischof von Utrecht, Dr. Joris Vercammen, begrüßen zu können. Der Ortsausschuss, der für die logistische Vorbereitung sorgt, wird keine Mühen scheuen, diesen Festtag mit diesen beiden hohen Gästen besonders zu gestalten.

Aber nicht nur die Erwachsenen werden diskutieren und feiern. Zur selben Zeit werden auch Kinder im Alter von 7 bis 13 Jahren auf einem Kinderkongress dieses Thema auf ihre Art und Weise beleuchten. Den Kinderkongress richtet das Dekanat Südbaden aus. Doch damit nicht genug: Die Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren werden sich zur Sommerfreizeit des Bundes alt-katholischer Jugend (baj) treffen und ihr 100jähriges Bestehen feiern. Junge Erwachsene ab 18 Jahren werden beim baj untergebracht sein, aber an dem Programm des Kongresses teilnehmen. Dass junge Erwachsenen aus dem In- und Ausland zahlreich am Kongress teilnehmen und an den zukunftsorientierten Themen mitdiskutieren, ist den Organisatoren besonders wichtig.

Wir freuen uns, Sie am Internationalen Alt-Katholiken Kongress begrüßen zu dürfen! Und freuen Sie sich auf eine Woche mit zahlreichen Begegnungen und auf ein abwechslungsreiches Programm! Den Flyer zur Anmeldung erhalten Sie in Ihrer Gemeinde.

Deborah Steinkamp-Helmbold

Kontakt:
Ortsausschuss
Pfarrer Gerhard Ruisch
Ludwigstraße 6
79104 Freiburg
Deutschland
kongress2006@alt-katholisch.de

Downloads:

Montag, 7. August
ab 10:00 Uhr: Anmeldung im Kongressbüro (Kolpinghotel)
16:00 Uhr: Eröffnungsgottesdienst in der Ludwigskirche
17:30-18:30 Uhr: Plenum in der Ludwigskirche
19:00 Uhr: Begegnungsabend mit Buffet im Kolpinghotel

Dienstag, 8. August
09:00 Uhr: Morgenlob in der Ludwigskirche
10:00 Uhr: Impulsvortrag von Pfarrer Matthias Ring, Regensburg, im Kolpinghotel
anschließend: Gruppenarbeit und Workshops in der Karlsschule
12:30 Uhr: Mittagessen im Kolpinghotel
14:30 Uhr: Gruppenarbeit und Workshops in der Karlsschule
18:00 Uhr: Abendlob in der alt-katholischen Kirche St. Ursula
20:00 Uhr: Treffen alt-katholischer Organisationen

Mittwoch, 9. August
09:00 Uhr: Referate von Erzbischof Dr. Joris Vercammen, Utrecht, und Erzbischof Dr. Rowan Williams, Canterbury, im Kolpinghotel
11:00 Uhr: Podiumsdiskussion im Kolpinghotel
12:30 Uhr: Mittagessen im Kolpinghotel
15:00 Uhr: Festgottesdienst der Utrechter Union in der Kirche St. Martin am Rathausplatz
17:00 Uhr: Empfang zur Feier des 75. Jubiläums der „Bonner Vereinbarung“ im Historischen Kaufhaus am Münsterplatz

Donnerstag, 10. August
09:00 Uhr: Morgenlob in der Ludwigskirche
10:00 Uhr: Plenum im Kolpinghotel
11:00 Uhr: Gruppenarbeit und Workshops in der Karlsschule
12:30 Uhr: Mittagessen im Kolpinghotel
14:30 Uhr: Plenum „Jugend stellt sich vor“ im Kolpinghotel
16:00 Uhr: Gruppenarbeit und Workshops in der Karlsschule
18:00 Uhr: Abendlob in der alt-katholischen Kirche St. Ursula
20:00 Uhr: Bunter Abend im Kolpinghotel

Freitag, 11. August
09:00 Uhr: Schlussplenum im Kolpinghotel
11:00 Uhr: Schlussgottesdienst in der Ludwigskirche




Geschichte der Alt-Katholiken-Kongresse

Vom 7. bis 11. August 2006 findet in Freiburg im Breisgau der 29. Alt-Katholiken-Kongress statt. Der Altkatholizismus wdre ohne die Alt-Katholiken-Kongresse, insbesondere die ersten drei, nicht denkbar. Hier nahm der Weg, den unsere Vorfahren sich zu gehen genvtigt sahen, Gestalt an; hier wurden die heute noch g|ltigen Grundanliegen formuliert; von hier aus wurde die Gr|ndung alt-katholischer Bist|mer betrieben. Zur Einstimmung auf den diesjdhrigen Kongress stellen wir nachfolgend die drei ersten Alt-Katholiken-Kongresse vor.

1. M|nchen 1871

Der Papst unfehlbar  das war 1870 kein \berraschungsangriff. Bereits Mitte der 60-er Jahre des 19. Jahrhunderts zeichnete sich ab, dass es zu dieser Thematik ein Konzil geben w|rde. Vor allem in Frankreich und in Deutschland, wo mit Hilfe der Presseorgane vffentlich |ber eine stdrkere Position des Papstes diskutiert wurde, gab es schon ldnger eine breite Bewegung von Gegnern dieses Vorhabens. Als Papst Pius IX. dann, als wolle er dadurch einen Test wagen, 1854 das Dogma der Unbefleckten Empfdngnis Mariens verk|ndete und zehn Jahre spdter eine Liste von Irrt|mern, bekannt unter dem Namen Syllabus errorum, vervffentlichte, in der unter anderem die Forderung nach Glaubens- und Gewissenfreiheit als Wahnwitz bezeichnet und der Anspruch des Staates auf die gesetzliche Regelung des Zivilstandswesens verurteilt wurde, lvste das eine vffentlich wirksame Protestwelle aus, die sich vor allem in der Presse niederschlug. Der Verlauf des Konzils fand in der Vffentlichkeit also ein reges Interesse. Bef|rworter und Gegner der pdpstlichen Unfehlbarkeit lieferten sich erbitterte Kdmpfe. Doch jeder Versuch einer Einflussnahme, auch der namhafter Theologen |ber deren als Konzilsvdter zugelassene Bischvfe, scheiterte. Am 18. Juli 1870 wurde das Dogma vffentlich verk|ndet.

Einen Monat spdter, am 25. August, trafen sich in N|rnberg dreizehn Professoren, um |ber das Konzil und seinen verhdngnisvollen Beschluss eine Erkldrung abzugeben, die als N|rnberger Erkldrung in die Geschichte eingegangen ist. Weitere Proteste folgten, die mit lautstarken Antworten erwidert wurden. Die ohnehin gereizte Stimmung wuchs, als die ersten Bischvfe damit begannen, in ihren Bist|mern die Dogmen durchzusetzen. Bis zum 28. Mai 1871, als sich in M|nchen eine Gruppe von Professoren im Hause des Kirchenhistorikers Ignaz von Dvllinger traf  auch sie verfassten eine Erkldrung: die M|nchener Pfingsterkldrung , waren schon zahlreiche Exkommunikationen ausgesprochen worden. In dieser Atmosphdre wurde, von Dvllinger und seinen Kollegen angeregt, zu einem Kongress nach M|nchen eingeladen. \ber 300 Delegierte folgten dieser Einladung. Sie kamen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Vsterreich und der Schweiz. Der Kongress war also von Anfang an international, zumal aus Frankreich, Spanien, Brasilien, Irland, den Niederlanden, England und Amerika zahlreiche Gdste erschienen. Die vffentlichen Veranstaltungen des Kongresses wurden von mehr als 8000 Personen besucht.

Entscheidend f|r den Fortgang der alt-katholischen Bewegung war die Verabschiedung eines Grundsatzprogramms durch die Delegierten. Es enthielt folgende Punkte: Die Verwerfung der neuen Dogmen, das Festhalten am alten katholischen Glauben, an den Rechten als Katholiken und an der Verfassung der alten Kirche, die Reform der Kirche mit verfassungsmd_iger Beteiligung aller Kirchenmitglieder, also auch der Laien, die Absicht, alles zu tun, um zu einer Wiedervereinigung der christlichen Konfessionen zu kommen, die Reform der Ausbildung und Stellung des Klerus, die Solidaritdt zum Staat gegen die \bergriffe der Papsttreuen, die Verwerfung der Jesuiten, die als Soldaten des Papstes einen wesentlichen Anteil an den Entwicklungen der Papstdogmen hatten, der Anspruch auf die realen G|ter und Besitztitel der Kirche. Au_erdem wurde beschlossen, an allen Orten, wo sich das Bed|rfnis einstellt und die Personen vorhanden sind, eine regelmd_ige Seelsorge herzustellen und, wenn die Vornahme bischvflicher Funktionen geboten sein sollte, dazu fremde Bischvfe anzugehen. In diesem Zusammenhang wurde die Berechtigung betont, f|r eine regelmd_ige bischvfliche Jurisdiktion Sorge zu tragen, wenn der richtige Moment gekommen ist.

Mit diesen Beschl|ssen lvste der M|nchener Kongress die Bildung der ersten alt-katholischen Gemeinden aus. In sieben von ihnen f|hrte die Reise des Utrechter Erzbischofs Henricus Loos im Juli 1872. Mehr als 400 jungen Christen spendete er aus diesem Anlass das Sakrament der Firmung. Die alt-katholische Bewegung hatte durch den Kongress ein Gesicht erhalten und war in geordnete Bahnen gelenkt worden.

2. Kvln 1872

Mit dem Kvlner Kongress, der genau ein Jahr nach dem M|nchener stattfand  vom 20. bis 22. September 1872  verbindet sich die Verwendung des Begriffs alt-katholisch. Damit war auch sprachlich signalisiert, was sich seit M|nchen 1871 abzeichnete: Dass die Katholikinnen und Katholiken, die die Papstdogmen des Vatikanums I ablehnten, keine andere Mvglichkeit mehr sahen als die, einen eigenen kirchlichen Weg zu gehen. Bewusst grenzte man sich ab. Und da zum Katholizismus wesentlich die Treue zur Tradition gehvrte, der sich die Verantwortlichen der alt-katholischen Bewegung zutiefst verpflichtet f|hlten, bezeichnete man sich selbst nun als alt-katholisch, wdhrend die Bef|rworter der pdpstlichen Unfehlbarkeit und des Universalprimats Neu-Katholiken genannt wurden, um anzudeuten, dass diese den Weg der Traditionsverbundenheit verlassen und sich damit von der urspr|nglich katholischen Kirche gelvst hatten.

Es ging also bei der nunmehr klar beabsichtigten Kirchenbildung nicht darum, eine neue Kirche zu gr|nden, sondern die bestehende katholische Kirche durch die Bildung eigener Bist|mer zu reformieren. Als reformbed|rftig sah man vor allem ihre Verfassung an, die sich deutlich von der Praxis der ersten Jahrhunderte entfernt hatte. Grundlegend f|r das altkirchliche Verstdndnis war das lokalkirchliche Prinzip, das hei_t die Kirche vor Ort unter Leitung eines gewdhlten Bischofs. Hier wurden alle f|r das Leben der Ortskirche wichtigen Fragen gekldrt und entschieden, und zwar im gemeinsamen Wirken von Bischof, Priestern, Diakonen und Laien. Die dazu notwendigen Versammlungen brachten zum Ausdruck, dass man sich miteinander auf dem Weg sah; genau das meint das aus dem Griechischen stammende Wort Synode. Synoden gab es jedoch nicht nur auf lokalkirchlicher Ebene; mit diesem Namen wurden auch regionale und nationale Versammlungen bezeichnet, die die Bischvfe und Delegierten der einzelnen Ortskirchen zusammenf|hrten. Unabhdngig davon, ob es sich dabei um gro_e oder kleine, um lokalkirchliche oder |berregionale Synoden handelte, verstanden sich alle als Reprdsentation der einen und ganzen Kirche. Jede Synode sah sich unmittelbar Jesus Christus als dem Herrn der Kirche verantwortlich. Die G|ltigkeit ihrer Beschl|sse hing weder von der Bestdtigung durch eine |bergeordnete Kirchenbehvrde noch von der Zustimmung durch die einzelnen Gemeinden ab; entscheidend war, dass sie ins Glaubensbewusstsein der einen und ganzen Kirche Aufnahme fanden. Dabei spielte das Miteinander der Bischvfe eine wichtige Rolle. Ihre Gemeinschaft, die sie vor allem bei Bischofsversammlungen bekundeten, galt als Zeichen der kirchlichen Einheit.

Die Verantwortlichen der alt-katholischen Bewegung sahen diese gewachsene, urspr|ngliche Verfassung durch die vatikanischen Papstdogmen als nun vollends zerstvrt an. Eine angemessene Antwort darauf konnte nur in der Wiederherstellung des lokalkirchlichen Prinzips mit synodalen Strukturen unter Leitung eines gewdhlten Bischofs bestehen. Gro_e Verdienste erwarb sich dabei der Prager und seit 1872 in Bonn lehrende Kirchenrechtsprofessor Dr. Johann Friedrich von Schulte (1827-1914). Mit seinem Namen verbinden sich die entscheidenden Schritte auf dem Weg zur Gr|ndung des ersten alt-katholischen Bistums. Schon in M|nchen hatte er den Antrag gestellt, an allen Orten, wo sich das Bed|rfnis einstellt und die Personen vorhanden sind, eine regelmd_ige Seelsorge herzustellen, der mit |berwdltigender Mehrheit angenommen worden war. In Kvln galt es nun, diesem Bestreben eine rechtliche Grundlage zu verleihen. Die dort versammelten 350 Delegierten verabschiedeten dazu entsprechende Antrdge. Und wieder war es von Schulte, der den bereits vorliegenden Antrdgen einen entscheidenden hinzuf|gte, ndmlich eine Kommission zu bilden, die alle nvtigen Vorbereitungen zur Wahl eines Bischofs treffen sollte. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen, wobei von Schulte in seinem bis heute grundlegenden Buch Der Altkatholizismus. Geschichte seiner Entwicklung, inneren Gestaltung und rechtlichen Stellung in Deutschland. Aus den Akten und anderen authentischen Quellen dargestellt ausdr|cklich hinzuf|gt, es sei wohl nicht |berfl|ssig zu bemerken, dass keiner der drei Herren, die noch in M|nchen gegen die Gemeindebildung gesprochen, gegen diesen oder einen der vorhergehenden Punkte sprach, sondern dass Dvllinger, Cornelius und Stumpf f|r alle 15 Paragraphen positiv gestimmt haben.

Ebenso entscheidend f|r das Gesicht der alt-katholischen Bewegung war ein Antrag, der das Verhdltnis zu den anderen christlichen Konfessionen betraf. In ihm wurde noch einmal der Hoffnung auf eine Wiedervereinigung der getrennten Glaubensgenossenschaften Ausdruck verliehen  auch das hatte bereits der M|nchener Kongress getan; doch nun sollte eine eigens zu diesem Zweck zu bildende Kommission auf wissenschaftlicher Basis den Boden f|r konkrete Verhandlungen in dieser Richtung bereiten. Unter Leitung des M|nchener Kirchenhistorikers Ignaz von Dvllinger trat diese Kommission bereits am Tag nach dem Kvlner Kongress zusammen und nutzte die Mvglichkeit, mit den zum Kongress angereisten Vertretern der anglikanischen und othodoxen Kirchen Kontakt aufzunehmen. Damit war der Weg zu den Bonner Unionskonferenzen von 1874 und 1875 geebnet.

Weitere Antrdge, |ber die die Delegierten zu entscheiden hatten, betrafen schlie_lich die Rechte der Alt-Katholiken gegen|ber dem Staat und die Organisation der alt-katholischen Bewegung. Begleitet wurden die insgesamt vier geschlossenen Sitzungen wieder von einem vffentlichen Programm, das an die 4000 Interessenten in den ber|hmten Kvlner G|rzenich-Saal lockte. Unter den zahlreichen Kongress-Gdsten befanden sich im Unterschied zu M|nchen auch mehrere Bischvfe: Erzbischof Henricus Loos aus Utrecht, zwei englische Bischvfe und ein amerikanischer Bischof. Sie verliehen dem Treffen ebenso wie sein internationaler Charakter  die Gdste kamen aus Amerika, Frankreich, Gro_britannien, Italien, Russland, der Schweiz und aus Ungarn  einen, wie von Schulte schreibt, gewaltigen Eindruck. Die alt-katholische Bewegung war nun fest etabliert und versprach, zu einer hoffnungsvollen Entwicklung zu werden.

3. Konstanz 1873

Ein Bischof allein macht noch kein Bistum. Und die Alt-Katholiken-Kongresse von M|nchen (1871), Kvln (1872) und Konstanz (1873) allein ebenfalls nicht. Zumindest rechtlich gesehen. Der dritte Kongress in der Geschichte der alt-katholischen Bewegung, der vom 12. bis 14. September 1873 in der Konzilsstadt Konstanz stattfand, hatte die Aufgabe, den Entwurf einer Synodal- und Gemeindeordnung zu beraten und f|r die erste ordentliche Bistumssynode beschlussfertig zu machen. Das von Johann Friedrich von Schulte erarbeitete Papier hatte, bevor es in Konstanz beraten wurde, schon eine ziemliche Wegstrecke hinter sich gebracht.

Erstmals auf den Beratungstisch gekommen war es am 18. Dezember 1872 wdhrend einer Sitzung der Bischofskommission, die der Kvlner Kongress rund zwei Monate vorher eingesetzt hatte. Kommissionsprdsident von Schulte erbat von den Kommissionsmitgliedern Stellungnahmen dazu. Am 19. April 1873 konnte innerhalb der Bischofskommission |ber die eingegangenen Anmerkungen Einverstdndnis erzielt werden. Das inzwischen gedruckte Papier ging nun |ber die beiden Zentralkommitees in Kvln und M|nchen an die Gemeinden und Vereine, die ebenfalls aufgefordert wurden, ihre Anmerkungen dazu abzugeben. Das Echo war so gro_, dass die Bischofskommission, die mit ihren Bem|hungen um die staatliche Anerkennung von Bischof und Bistum und den Vorbereitungen der f|r den 4. Juni 1873 vorgesehenen Bischofswahl ohnehin alle Hdnde voll zu tun hatte, sich au_erstande sah, die Stellungnahmen rechtzeitig zu |berpr|fen und in einen neu gefassten Entwurf einzuarbeiten, der dann  wie urspr|nglich geplant  den Delegierten am Vorabend der Bischofswahl zur Annahme vorgelegt werden sollte.

Stattdessen hatte Johann Friedrich von Schulte in seiner weisen Voraussicht einige Provisorische Bestimmungen  als solche gingen sie auch in die Geschichte ein  vorbereitet. Diese beschrdnkten sich darauf, die ersten Schritte nach der Bischofswahl festzulegen und den Handlungsspielraum von Bischof und zu wdhlender Synodal-Reprdsentanz  die geschdftsf|hrende Kirchenleitung, heute Synodalvertretung genannt  bis zur ersten ordentlichen Bistumssynode, die in der Pfingstwoche 1874 stattzufinden hatte  auch das war Teil der Bestimmungen  zu regeln. Von der Gemeindeebene her legten die Provisorischen Bestimmungen bereits die Statuten zur Wahl der ersten Synode fest und betonten noch einmal den Grundsatz der freien Pfarrerwahl durch die Gemeinden und Vereine. Die Bischofskommission stimmte dem Vorschlag von Schultes zu, und die in Kvln zur Bischofswahl versammelten Delegierten nahmen die Bestimmungen am 3. Juni 1873 an.

Mit der Wahl des Bischofs und der Synodal-Reprdsentanz war die Arbeit der Bischofskommission beendet worden. Deshalb k|mmerte sich nun die Synodal-Reprdsentanz um die \berarbeitung des Entwurfs f|r die Synodal- und Gemeindeordnung. Am 3. August konnte diese Aufgabe abgeschlossen werden. Die in Konstanz versammelten 282 Delegierten nahmen den vorgelegten Entwurf mit einigen geringf|gigen Dnderungen an. Damit hatte das neu gegr|ndete Bistum  als Gr|ndungsdatum gilt der Termin der Bischofswahl und der Wahl der ersten Synodal-Reprdsentanz  eine Verfassung, die allerdings noch nicht rechtskrdftig war. Erst gut ein halbes Jahr spdter wurde sie durch die erste ordentliche Bistumssynode in Bonn in Kraft gesetzt.

So hatte die Annahme in Konstanz vor allem Prozess- und Vffentlichkeitscharakter. Prozesscharakter, weil das Papier auf allen Ebenen beraten wurde, und Vffentlichkeitscharakter, weil die Alt-Katholiken-Kongresse durch ihren gro_en Zulauf weithin Beachtung fanden. Nach Jahrhunderten zentralistischen Kirchenregiments sollte nun publik werden, dass mit dieser Ordnung endlich wieder an die Verfassung der alten christlichen Kirche angekn|pft wurde. Das ihr zugrundeliegende innige Zusammenwirken von Bischof, Geistlichen und Gemeinden sollte, wie von Schulte in einem Kommentar dazu schrieb, jede hierarchische Willk|r als Massenherrschaft vvllig ausschlie_en und weder der Autoritdt zu nahe treten, noch f|r ein wahrhaft christliches Gemeindeleben ein Hindernis bereiten.

Der Konstanzer Alt-Katholiken-Kongress brachte auf diese Weise die zwei Jahre zuvor sich in M|nchen abzeichnende Notwendigkeit zum Abschluss, gegen|ber den Rom-zentrierten Katholiken und deren Bist|mer einen eigenverantwortlichen Weg gehen zu m|ssen. Das Bistum hatte eine Verfassung und der Katholizismus dadurch eine einschneidende Reform erfahren. Aus der alt-katholischen Bewegung war eine alt-katholische Kirche geworden.

Joachim Pfützner




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